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Dank Digitalisierung! Autoindustrie steht vor einem neuen Wachs-tumszyklus

Seit einigen Wochen berichten wir an dieser Stelle über die derzeitigen Umbrüche in Deutschlands wichtigstem Industriezweig, an dem direkt und indirekt mehr als 5 Millionen Arbeitsplätze hängen. Insbesondere die Digitalisierung bringt gewaltige Veränderungen mit sich. Konnte man vor 6 oder 7 Jahren noch gut und gerne einwerfen, dass die deutsche Automobilindustrie die Trends der Zukunft verschlafen würde, konnten die Hersteller und mit ihnen die gesamte Wertschöpfungskette in den letzten Jahren gegenüber der Konkurrenz in Nordamerika und Fernost bedeutend aufholen. War man anfangs skeptisch und sogar ein bisschen ängstlich, sprechen die Führungsetagen mittlerweile vom Anbruch eines goldenen Zeitalters. Experten ziehen für die gegenwärtigen Entwicklungen einen historischen Vergleich mit der Erfindung der Zündkerze. Heute wollen wir mit diesem Beitrag einen eine Abrundung zum Thema vornehmen. Wohlwissend, dass man bei laufenden Entwicklungen nie einen Schlussstrich ziehen kann, wohl aber Meilensteine erkennt.

 

Das Gesamtjahr 2016 verlief für Automotive eigentlich nicht schlecht, selbst die sogenannten Ab-gassünder meldeten erst vor Kurzem teils zweistellige Zuwächse beim Neuwagenabsatz, was sich auch an den Erträgen ablesen lässt. Auch die Kapazitätsauslastung in der Produktion lag in diesem Jahr bei den meisten Zulieferern an der Grenze des Machbaren. Dies hat auch positive Auswirkungen auf den Beschäftigungsgrad. Nahezu alle Head-counts wurden erneut besetzt, neue Stellen sind hinzugekommen. Das Problem sind wie schon seit Längerem nicht freie Stellen, sondern fehlende Fachkräfte vor allem im technischen Umfeld der Informatik- und Ingenieursberufe. Aber auch Industriemeister und –gesellen hatten zumeist keine Probleme, neue interessante Jobs zu finden. Insgesamt geht es der Branche also wieder sehr gut, es gibt mit Blick auf die Gegenwart keine Gründe zu klagen. Worin liegt also das Problem? Ganz einfach, es geht um die zukünftigen Entwicklungen und diese sind doch mit einigen Fragezeichen an wichtigen Stellen versehen.

 

Wir steuern zyklisch erneut auf einen hohen Sättigungsgrad bei den wichtigsten Absatzmärkten zu. In Fernost schrumpft der japanische Automarkt schon seit Längerem mit langsamen, aber stetigem Tempo, in China wurde jüngst der Absatz durch staatlichen Eingriff an Hand von hohen Steuersub-ventionen bei Neuwagenkäufen (ähnlich der Abwrackprämie bei uns 2009) nach oben getrieben, diese Maßnahmen laufen nun aus. Am heimischen europäischen Markt konnten wir mehrere Jahre einen schönen Erholungsaufschwung sehen, der heuer seinen Höhepunkt erreicht hat, sodass weiteres Wachstum nicht mehr in diesem Tempo weitergehen dürfte. Der Markt in den USA hingegen hat den Zenit bereits überschritten, auch hier zeigt die Kurve tendenziell wieder nach unten.

 

Nun sieht das nach der üblichen Delle innerhalb eines vierjährigen Zyklus aus. Diese Zyklen prägen (West)Deutschland seit den 1950er Jahren, weswegen Mitte der 1960er Jahre der Sachverständigen Rat der sog. Fünf Weisen installiert wurde um Wege zur Glättung dieser Zyklen für die Industrie zu finden, damit wirtschaftspolitische Fehlentwicklungen vermieden werden können. Flankiert werden diese Ups & Downs von Konjunkturprogrammen, wobei der langfristige Wachstumstrend als gegeben angenommen wurde und wird. Dies war auch lange Zeit eine richtige Einschätzung. Allerdings trat bereits Ende der 1990er eine branchenübergreifende Sättigung verbunden mit einer Verlangsamung der Wachstumsraten vor allem in den Industrienationen ein, seit Mitte der 2000er Jahre befinden sich zahlreiche Teilmärkte in einer Stagnation. Nach der großen Finanzkrise 2008/2009 wurden staatlicherseits zwar Billionen Dollars in die Märkte gepumpt und zumindest in China, den USA sowie in der EU zeigten diese Programme auch Wirkung, in Japan hingegen kaum. Diese Erholung darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass zum einen alleine China mit langer Zeit zweistelligen Wachstumsraten die schwächelnde Wirtschaft in den G7 Staaten auffangen konnte und zum anderen die Konjunkturprogramme selten nachhaltig waren. Es erinnert vieles vielmehr an ein klassisches Strohfeuer. Man gewann auf Kosten der Staatsverschuldungen zwar Zeit, änderte aber an der Grundsituation nichts. Hintergrund dafür ist, dass wichtige, die Volkwirtschaften über Jahrzehnte Wachstums- und Wohlstandsmotoren tragende Konsumgütermärkte ins Stottern kamen und teilweise gänzlich ausfielen. Nach mehr als 50 Jahren waren Wachstum und Wohlstandsmehrung gesättigt.

 

Sehr deutlich wird dies am Beispiel des Automobilmarkts. In den Industrienationen wächst diese Sparte organisch seit Mitte der 2000er Jahre nicht mehr. Dem Verdrängungswettbewerb zwischen den Marken fielen namhafte Unternehmen wie Saab, Lancia, Volvo zum Opfer, schon im Jahrzehnt davor erwischte es den britischen Traditionshersteller Rover, der nach einem kurzen Intermezzo bei BMW dennoch nie wieder auf die Beine gekommen ist, Ausnahme bleibt der „Mini“, der für BMW eine Cash-Cow im Kompaktautomarkt darstellt. Ähnlich sieht es im sogenannten Rostgürtel der USA aus: Chrysler musste schon vor längerer Zeit seine Eigenständigkeit aufgeben, passt aber auf Sicht nicht ins Portfolio des Premiumherstellers DAIMLER und findet sich heute in der Markenfamilie von FIAT wieder. General Motors (GM) musste sich massiv verschlanken, was auch an der deutschen BU Opel nicht spurlos vorüberging. Dies- und jenseits des Atlantiks wurden Markenportfolios und Produktreihen ausgedünnt, Werke geschlossen oder Baureihenfertigungen verschlankt bzw. fusioniert. Letztlich als einen politischen Abschluss dessen rund um die großen Seen in den USA kann das Ergebnis für den neuen US Präsidenten Donald J. Trump in diesen US-Bundesstaaten gesehen werden.

 

Es lohnt sich bei dieser Betrachtung, einen Blick auf eine interessante Wirtschaftstheorie eines russischen Wirtschaftswissenschaftlers zu werfen. Vor 90 Jahren untersuchte Nikolaj Kontradieff die kapitalistischen Wirtschaften auf Herz und Nieren. Er fand an Hand damaliger Langzeitbetrachtungen heraus, dass sich das kapitalistische System, wenn man es am Ende wähnt, periodisch etwa alle 50 Jahre durch fundamentale Innovationen immer wieder neu erfindet und auf Wachstumskurs mit Macht zurückfindet. Mittlerweile sind wir in der ersten Hälfte im 6. Großzyklus dieses Wissenschaftlers angekommen. Die fundamentale Innovation, die nun auf die Elektronik folgt, heißt Digitalisierung. Mit nachhaltigen Konsequenzen für die Automobilindustrie. Der Fachbegriff dafür lautet Disruption. Die Folgen sind schlagwortartig: Autonomes Fahren, Elektrifizierung, digitale Vernetzung.

Mit den neuen Produkteigenschaften der selbstfahrenden, elektrisch angetriebenen und untereinander und mit der Welt vernetzten Autos wird mit allem gebrochen, was bisher mit Werbeslogans im Hinblick auf die Fahrfreuden mit Verbrennungsmotoren als Antrieb verstanden wurde. Selbstfahrende Autos, die „grün“ und damit nachhaltig durch Strom angetrieben werden und deren Verkehr mit den anderen Teilnehmern auf den Straßen sich via Vernetzung selbst kontrolliert. Das erscheint vielen Autoenthusiasten zwar wenig attraktiv, vor allem in Deutschland nicht. Gilt hier doch meist immer noch das Motto eines Klassikers der Neuen Deutschen Welle: „Ich geb‘ Gas, ich hab‘ Spaß!“. Dennoch ist diese Entwicklung nicht aufzuhalten und sie trägt zudem dem immer weiter anwachsenden Verkehr bei weiterhin steigender Weltbevölkerung Rechnung.

 

Der Gegenargumente zu dieser neuen Art von Mobilitätsind dementsprechend zahlreich, aber auf lange Sicht ziehen sie nicht. Klar ist aber auch, dass die in diesem Beitrag und unseren Berichten der vergangenen Wochen beschriebenen Entwicklungen nicht von heute auf morgen Standard werden. Wie immer bei solchen industriellen Revolutionen ist mit einer Implementationszeit von zwei bis drei Jahrzehnten zu rechnen. Von der Erfindung der schienenbetriebenen Dampflokomotive um das Jahr 1800 herum in England bis zum flächendeckenden Ausbau der Schienentrassen dauerte es sogar ein halbes Jahrhundert. Ebenso lange brauchte die Erfindung des Carl Benz, die berühmte motorbetriebene Kutsche, bis sie als Automobil zunächst für die Oberschicht, dann nach dem 2. Weltkrieg für die Massen erschwinglich ihren Siegeszug antreten konnte. Wir befinden uns derzeit am Anfang der 4. Verkehrlichen Revolution nach Eisenbahn, Auto und Passagierflugzeug. Auch jenseits von Automotive gilt diese Faustregel, denn vom ersten Rechencomputer des Konrad Zuse bis zum PC und Notebook vergingen auch viele Jahrzehnte. Egal wie lange es dauert, die Innovation ist zum Glock nie aufzuhalten. Entscheidend ist stets, ob eine neue Technologie einen praktischen Nutzen bringt. Gleiches gilt für den Entwicklungsweg des Telefons, ausgehend von Mr. Bell im 19. Jahrhundert bis zur Erfindung des Smartphones durch Apple im Jahr 2007.

 

Genauso wird es der Mobilität von morgen ergehen. Die weltweit betriebene Fahrzeugflotte der Menschheit beträgt aktuell ca. eine Milliarde Fahrzeuge. Diese wird nicht kurzfristig komplett ausgetauscht werden, aber sukzessive durch Kfz der neuen Generation ersetzt werden. Heute können weltweit etwa 80 Millionen Automobile pro Jahr mit Verbrennungsmotor gebaut werden. Daraus kann man relativ einfach errechnen, dass die auf der ganzen Welt verstreuten Werke bis zu einem vollständigen Wechsel von Verbrennung auf e-Mobility auf mehrere Jahrzehnte ausgelastet sein dürften. Unabhängig davon gibt es auch heute noch Märkte, die Nachholbedarf haben und daher organisch wachsen, vor allem in den klassischen Schwellenländern der BRICS-Staaten.

 

Experten sehen daher die globale Automobilindustrie vor einem neuen großen Wachstumszyklus von sicherlich wieder 50 Jahren. Totgeglaubte leben nicht nur länger, vielmehr steht ein neues Goldenes Zeitalter für diese Branche an. Nicht nur die neuen Player wie TESLA in Verbindung mit Google & Co., sondern auch die Platzhirschen der Old Economy machen finanzielle Mittel in hoher Milliardenhöhe frei für Forschung und Entwicklung um langfristig am sich verändernden Markt mitmischen zu können. Das sind insgesamt auch für den Standort Deutschland sehr gute Aussichten. Also alles in allem überhaupt kein Grund zu verzagen und sich Sorgen zu machen. Wohl aber sind unsere Tugenden Geduld und Ausdauer gefragter denn je.

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Herr Daniel Stock d.stock(@)top-jobs-europe.de