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Hat das Bewerbungsanschreiben ausgedient?

Jeder, der sich schon einmal beruflich verändern wollte, kennt die Misere. Nachdem der Lebenslauf mittels Textverarbeitungsprogramm endlich in einem gut strukturierten Layout dargestellt wurde, die Zeugnisse sauber eingescannt sind ggf. der richtige Ansprechpartner beim potentiellen Arbeitgeber recherchiert wurde, brütet man über dem Anschreiben. Möglichst individuell auf die Position und das Unternehmen abgestimmt sollte es sein, dazu die Wechselmotivation verdeutlichen, aber sich auch nicht über eine Seite hinaus erstrecken. Jahrzehntelang hat das Anschreiben über das Wohl und Wehe der Bewerbung gleich zu Anfang entschieden. Im Rahmen der sogenannten ABC-Analyse stellt die Bewertung des Anschreibens neben einem lückenlosen Lebenslauf und ggf. der Einkommensvorstellung die erste Hürde bei der Auswahl der Kandidaten dar. Allerdings hat sich in vielen Berufsgruppen das „Machtverhältnis“ zwischen Arbeitgebern und Kandidaten verschoben.

Angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels und dem damit verbundenen „war for talents“, aber auch im Zuge der zunehmend automatisierten Bewerbungsprozesse denken immer mehr Unternehmen darüber nach, auf ein Anschreiben gänzlich zu verzichten. Den Anfang bei den namhaften Konzernen macht die Deutsche Bahn AG. Zunächst möchte man dort im Rahmen eines Pilotprogramms bei den Azubi-Bewerbungen für den Ausbildungsbeginn im Herbst 2019 beginnen. Über die Onlineplattform sind dann nur noch Lebenslauf und Zeugnisse als pdf-Dateien hochzuladen. Wenn das fruchtet, wird man bei der Bahn diese Vorgehensweise sukzessive auf andere Berufsfelder und Bereiche ausweiten. So denkt man bei den Lokführern vor allem im Regionalverkehrsbereich und aber auch bei den händeringend gesuchten Ingenieuren darüber nach. Beim Staatskonzern machen sich die Lücken beim Personalstand besonders wegen der anstehenden Pensionierungswelle bemerkbar. Man sucht auf kurze Sicht bis zu 19.000 neue Kollegen, darunter mehr als 3.500 Auszubildende für das nächste Lehrjahr.

Letztlich sagen viele Personalverantwortliche, dass die Motivation für die konkrete Bewerbung ohnehin in den persönlichen oder zunächst telefonischen Gesprächen genauer abgefragt werde. Dabei möchte man vor allem auf Berufsgruppen zugehen, bei denen bekannt ist, dass sie sich mit diesen Arten von Textabfassung eher schwer tun.

Aber noch ein anderer ehemals bundeseigener Konzern, die Lufthansa AG, geht hier voran und verzichtet bei Kandidaten für die Aufgaben der Flugbegleiter und IT-Spezialisten auf die Anschreiben mit der Überlegung, auch hier auf andere Sparten auszuweiten.

Andere Unternehmen, wie die Drogeriekette „Rossmann“, gehen peu-a-peu ebenso diesen Weg, allerdings möchte man dort gerade von den angehenden Azubis die Motivation für eine Bewerbung im Einzelhandel vorab erfahren.

Es gibt aber auch skeptische Einschätzungen, was die generelle Abschaffung des Anschreibens angeht. Die Daimler AG, aber auch diverse kommunale Unternehmen und sogar die Softwareschmiede SAP haben das Anschreiben noch nicht abgeschrieben. Man erfährt eben doch schon Einiges über die Kandidaten im ersten Schritt. Zudem wird der vorgeschriebene Verzicht auch von manchen Bewerbern kritisch gesehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Abschlussnoten nicht so gut sind oder bei Berufserfahrenen Lücken im Lebenslauf entstanden sind, die man im Fließtext besser begründen könnte. Es kommt also auch immer auf die individuelle Situation an.

Ob also das Anschreiben in der bisherigen Form wirklich ausgedient hat, bleibt generell abzuwarten. Zudem könnte der individuelle Teil der Bewerbung durch einen neuen Trend abgelöst werden. In Zeiten gut auflösender Handykameras und guten Internetbandbreiten setzt sich zumindest in den IT- und Kreativberufen immer mehr das Kurzvideo im Sinne eines bewegten Selfies von ca. 30 Sekunden durch. Man kann sich also von Konkurrenten abheben, ohne lange über einem Anschreibetext zu brüten.

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Herr Daniel Stock d.stock(@)top-jobs-europe.de